Die Schere zwischen Arm und Reich ist in Österreich groß. Eine Hälfte der Bevölkerung besitzt eigene Immobilien, die andere hat gerade ausreichend Geld, um sich im Notfall versorgen zu können. Welche Ansichten vereinen die Bevölkerungsschichten? Wofür geben sie ihr Geld aus, wie legen sie es an - und wie viel wissen sie über ihre Möglichkeiten?

So ticken die Österreicher bei Finanzen

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Österreicher lieben Bargeld

In einer Studie konnte der Finanzdienstleister Klarna zeigen, dass die Menschen global gesehen die Kartenzahlung bevorzugen. In Österreich scheint dieser Trend noch nicht vollumfänglich angekommen zu sein. 41 Prozent der Menschen geben an, lieber mit Bargeld zu bezahlen. Geldkarten rangieren mit 30 Prozent auf dem zweiten Platz. Möglicherweise versuchen die Österreicher dadurch ihre Anonymität zu wahren, die sich auch achtzig Jahre nach dem Ende des Dritten Reichs noch gefährdet anfühlt.

Es gibt weitere Vorteile, die für Bargeld sprechen. Cyberangriffe sind nicht möglich, auch während eines Stromausfalls oder einer Naturkatastrophe bleibt es einsatzbereit. Personen, die in Armut leben, haben weniger Schwierigkeiten, ihre Finanzen zu kontrollieren, wenn sie Bargeld benutzen. Und so mancher Mensch kann gar keine Geldkarte beantragen: Für Flüchtlinge beispielsweise ist Bargeld der einzige Weg, um Lebensmittel und Kleidung zu bezahlen.

Das sind die häufigsten Ausgaben der Österreicher

Die Inflation hat dazu geführt, dass die Lebenserhaltungskosten stetig ansteigen. Die Österreicher haben darauf reagiert, indem ihre laufenden Kosten seit dem Frühjahr 2022 einkürzten. Wo gespart werden konnte, da wurde auch gespart. Eine Studie der mobilen Bank N26 ergab, dass Österreicher im Jahr 2022 pro Monat rund 5,8 Prozent ihres Durchschnittseinkommens sparen konnten.

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Nach wie vor blättern Österreicher am meisten Geld für das Wohnen - das bedeutet, für ihre Miete, das Heizen, warmes Wasser und Strom. Auch wenn es um den Besuch von Bars, Cafés und Restaurants geht, sind die Einwohner ausgabewillig. Im Vergleich zu den Vorjahren haben sie dafür sogar tiefer in die Taschen gegriffen. Ähnliches gilt für den Urlaub. Für Lebensmittel hingegen gaben die Österreicher seit März 2022 durchschnittlich 7,3 Prozent weniger Geld aus als zuvor. Die Einsparungen in den Bereichen Medien und Elektronik waren noch drastischer: hier wurde um 15,4 Prozent gespart.

Wie legen Österreicher ihr Geld an?

Im Jahr 2021 legten die Österreicher rund 21 Milliarden Euro bei Banken an. Das sind über 73 Prozent des Geldvermögensaufbaus. Das gute alte Sparbuch sah von diesen Geldmengen aber vermutlich nicht viel: Laut einer Umfrage der GfK empfanden nur 18 Prozent der Österreicher Sparbücher als attraktive Geldanlage ein. 2009 lag diese Rate noch bei 52 Prozent.

Auf die Einlage der Bank folgen die Lebensversicherung und die Altersvorsorge als beliebteste Anlageformen. Auch Gold und Immobilien werden gern von den Österreichern in Betracht gezogen. Der Anteil der Bevölkerung, der tatsächlich in Immobilien investiert, ist jedoch vergleichsweise gering: Er liegt bei nur zwanzig Prozent, während vierzig bis fünfzig Prozent der Befragten ihr Interesse an der Investition bekundete. Begründen lässt sich diese Kluft möglicherweise mit fehlenden finanziellen Mitteln.

Auffällig ist an den Geldanlagen der Österreicher, dass sie wenig Interesse an Aktien haben: Nur ein Drittel der Bevölkerung empfindet Aktien und Investmentfonds als Alternative zu klassischen Sparmöglichkeiten. Die übrigen Einwohner fühlen sich der Börse gegenüber misstrauisch, die Verlustangst ist groß. Das liegt auch daran, dass die Bevölkerung vergleichsweise wenig über Aktien weiß - oder über andere finanzielle Mittel.

Wie viel weiß Österreich über Geld?

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die OECD, erhebt durch ihre Mapping Reports wichtige Daten über das Finanzwissen von Menschen. Im Jahr 2021 fiel dieser für Österreich eher schlecht aus: Die Hälfte der Erwachsenen konnte Fragen zum Thema Zinsrechnung nicht korrekt beantworten. Auch in anderen Themengebieten, die für eine langfristige finanzielle Stabilität und für Investitionen bedeutsam sind, fehlte es den Österreichern an Wissen.

Der Nachholbedarf in Sachen Finanzen fällt bei jungen Menschen am größten aus. Zudem scheinen Männer etwas mehr zu wissen als Frauen: Sie erreichten 5,6 von sieben möglichen Punkten, Frauen 5,1. Auch zwischen Städtern und Menschen aus ländlichen Gegenden ist ein Gefälle zu erkennen. Befragte aus größeren Städten konnten durchschnittlich 5,3 Punkte erreichen, Bürger auf dem Land 4,9. Das umfassendste Finanzwissen weisen Selbständige auf - vermutlich, weil sie sich um mehr persönliche finanzielle Belange kümmern müssen als Angestellte.

Viele Österreicher sorgen sich um ihre finanzielle Zukunft

Mit dem Unwissen kommt auch die Unzufriedenheit. Eine Studie von Integral aus dem Jahr 2022 konnte zeigen, dass die finanzielle Zufriedenheit der Österreicher seit 2018 abgenommen hatte. Damals beschrieben sich noch 61 Prozent der Befragten als zufrieden oder gar sehr zufrieden mit ihrer Lage, 2022 sank der Wert auf 55 Prozent. Denn etwa die Hälfte der Österreicher besitzt höchstens genug Geld, um sich in Notsituationen über Wasser halten zu können.



Swiss Life Select veröffentlichte 2023 das sogenannte Selbstbestimmungsbarometer. Laut dieser Befragung hatten nur 29 Prozent der Österreicher das Gefühl, mit bedingungslosem Optimismus in die Zukunft sehen zu können. Zu großen Teilen dürften dafür die Corona-Pandemie und geopolitische Konflikte wie beispielsweise der Ukraine-Krieg verantwortlich sein. Denn in den Jahren vor der Pandemie lagen die Optimismus-Werte laut Swiss Life Select weit über vierzig Prozent.

2023 glaubten laut des Barometers 60 Prozent der österreichisches Bevölkerung, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Beim Blick in die Zukunft veränderte sich dieser Anteil: Nur ein Drittel der Befragten nahm an, die aktuelle Selbstbestimmtheit auch im Alter aufrechterhalten zu können. Allgemein haben jüngere Menschen mehr Vertrauen in ihre Altersvorsorge als Personen zwischen 50 und 64 Jahren. Die Jüngeren sind zusätzlich sehr motiviert, etwas mehr Geld für eine private Altersvorsorge zurückzulegen.

Schulden in Österreich: Mehr Verschuldete, geringere Schulden

Anhand von Daten aus der Household Finance and Consumption Survey lässt sich schätzen, dass etwa 30 Prozent der österreichischen Haushalte verschuldet sind. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist das vergleichsweise wenig, für Österreich ist es jedoch ein hoher Wert. In der ersten Hälfte des Jahres 2023 besuchten 19 Prozent mehr Menschen eine Schuldnerberatung als zuvor.

Die Schulden, mit denen die Betroffenen zum Berater kommen, sind gesunken. Das liegt vermutlich an den gestiegenen Lebenskosten, durch die bereits kleine Schuldbeträge zum Problem werden. Auch die Arten der Schulden haben verändert. Zwar hatten zwanzig Prozent aller Österreicher im Jahr 2021 einen laufenden Kredit, um ihre Wohnung zu finanzieren. Doch noch häufiger werden Konsumkredite aufgenommen. Seit der Pandemie haben die Österreicher zunehmend Schwierigkeiten, Alltagsgegenstände wie eine Brille oder einen neuen Kühlschrank allein zu finanzieren.

Fazit: Die Finanzen der Österreicher

Die Krisenjahre haben die Österreicher pessimistischer gestimmt, wenn es um ihre finanzielle Situation geht. Entstanden ist außerdem eine hohe Verschuldungsrate unter den Privathaushalten, die sich unter Anderem durch fehlendes Finanzwissen begründet. Die Menschen sind allerdings auch motivierter zum Sparen, bevorzugt auf dem eigenen Konto oder für ihre Altersvorsorge.